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Bibliotheken und die Zensur

Vor kurzem habe ich eine Frage mitbekommen: sollen Bibliotheken kritische Medien entsorgen? 

Eine wirklich gruselige Frage. Die Leute, die Wissen bewahren sollen, sollen auch zensieren? Ich störe mich auch an einigen Büchern und würde die nicht in den Bestand stellen, aber darum geht es zu keinem Zeitpunkt. Die eigene Meinung darf beim Bewahren von Wissen keine Rolle spielen. Jetzt gibt es dabei aber durchaus unterschiedliche Hintergründe und nochmal unterschiedliche bei ÖB und WB.

 

Mit schrecken denke ich daran, dass z.B. aus ÖBs Jim Knopf verschwindet oder andere Bücher zensiert werden. Im WB Bereich gibt es auch kritische Bücher und als erstes denkt man an Kriegszeiten, aber es kann ja auch nicht dem Mainstream entsprechende Literatur treffen. Zensur kann viele Formen annehmen. Es kommt Wissen in den Bestand und dabei kann natürlich auch etwas falsches sein. Vermutlich sind sogar einige der üblichen Geschichtsschreibungen nicht korrekt, wenn man alle möglichen neuen Forschungsstände anschaut, aber dennoch hatten in meiner Schulzeit auch die Atlanten noch Grenzen von vergangenen Zeiten drin.

 

Man lagert Wissen und im Notfall macht man es nicht zugänglich, aber man zensiert und entsorgt es nicht. Jetzt gibt es die Fragen bei ÖBs und bei WBs, aber nicht bei allen Einrichtungen. Die einen entsorgen eh regelmäßig, um möglichst aktuell zu bleiben und für manche alten Themen gibt es keinen Bedarf mehr, aber wenn alle nur entsorgen, geht irgendwann etwas verloren. Stellt euch vor, alle ÖBs hauen alles aus alten Bestände in den Müll und dann sucht jemand ein Buch vom Jahre X und es gibt keins mehr. Es ist ein theoretisches Beispiel, aber man findet es in der Praxis oft vor. Ich finde solche Fälle im WB Bereich oft, wenn Forschende Bücher von z.B. 1950 haben möchten und es die nicht mehr am Markt gibt und keine anderen Bibliothek die hat. Eine Bibliothek muss da auch ein wenig Archiv sein, oder die Archive müssen die Bibliotheksbestände auffangen. 

 

Soweit ich dies mitbekomme, kann bei ÖBs auch der Laute Teil der Gesellschaft und ein Teil der Politik, andeuten, was falsch und was richtig ist. Mit etwas Pech kommen dann z.B. die Klassiker unter die Zensur und werden entsorgt. Bei WBs sind es gerne alte Schriften aus Forschungsgebieten oder Bildbände, die z.B. Themen aus Kriegszeiten oder ähnliches beinhalten. Zum Glück gibt es Stellen, die Material aus vergangenen Zeiten einlagern. Manche Stellen kennt man aus dem Fernsehen und andere muss man aufwendig suchen.

 

Ich finde ein Beispiel aus meiner Ausbildungszeit interessant. Da standen seit Jahren Bücher, recht weit vorne, im Regal. Die alten Einbände, unscheinbar und dunkel. Es waren Bücher mit Forschungsthemen aus Kriegszeiten, also nichts schönes und dazu die damaligen Stempel und Kennzeichen im Inneren. Auch dies finden viele furchtbar, aber ich sehe darin auch materielle Zeitzeugen oder Kunstgegenstände u.a. für die Forschung über die damalige Zeit. Der Inhalt der Bücher hat mich persönlich jedoch nie interessiert. Als damals die Frage aufkam, ob man die entsorgen soll, fand ich das zumindest ein wenig schlimm. Wie gesagt, der Inhalt war mir vollkommen egal, aber es waren Dokumentationen aus den Zeiten, die irgendwann keiner mehr hat. Das kann man doch nicht einfach in den Müll geben (bzw. wäre dies speziell zu Entsorgungen). Entsorgen klingt für mich einfach wie ein Fehler in der Ausführung des Berufs. Also habe ich vorgeschlagen, wir fragen zuerst eine Stelle an, die sowas ggf. unter Verschluss archiviert.

Wenn ich mich recht erinnere, war dies eine Stellen, an die ich in der Ausbildungszeit mal Bücher vermittelt hatte, die nicht mehr gebraucht wurden und kritische Themen, sowie kritische Stempel drin hatten. https://www.topographie.de/bibliothek. Ganz sicher bin ich mir nicht, da ich den Namen anders in Erinnerung habe, aber es kommt dem nahe.

  • Mindesten die Chance zur Archivierung unter Verschluss müssen die Objekte bekommen. 

Als ÖBs Medien aus vergangen Zeiten zu entsorgen, halte ich persönlich für falsch. Alte und neue Versionen zu haben, ist hingegen ok. Als WBs alte Bestände zu entsorgen, deren Inhalt faktisch falsch ist, mag ok sein, aber dennoch gehen Zeitzeugen verloren und manches geht einfach nur durch die falsche Zeit / Politik in den Müll. Bibliotheken sind Wissensvermittler, aber sollten nicht bestimmen was für Wissen vermittelt wird und sich auch nicht zu sehr an dem Geschrei der Gesellschaft orientieren, sonst geht alles den Bach runter. Sammeln, bewahren, archivieren, nicht zensieren, nicht zerstören und bloß nicht jedem blödsinnige Trend mitgehen.

  • Wenn Ihr Zweifel habt, schließt die Medien halt weg, aber lasst zumindest auf gezielte Anfrage einen Zugang

Wenn man etwas aussondert, hat man die falschen Hintergründe, wenn es nicht um Platzbedarf, verschleiß oder Aktualisierung des Bestands (jedoch nur bei wenig Platz) des Bestands geht, zumindest sehe ich dies so.

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Quellen:

Sofern nicht anders ausgewiesen: Berufsausbildung (Unterricht & Betrieb) & berufliche Praxis. (Regelwerke:) RAK-WB, RDA.

(Literatur:)  [1] Bibliothekarisches Grundwissen / Klaus Gantert ; Rupert Hacker ; 8., vollst. neu bearb. und erw. Aufl. ; K. G. Saur Verl. ; 2008 - ISBN 978-3-598-11771-8 (Online Module:) http://moodle.d-nb.de ; http://moodle.d-nb.de/course (Stand 28.11.2012)

 


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